So weit sind wir also schon

Meine Mutter kommt ursprünglich aus Holland. Pardon, den Niederlanden. Sie ist aber schon länger als ich alt bin in der Schweiz und gesprochenes Schweizerdeutsch ist schon lange kein Problem mehr. Das geschriebene Deutsch hingegen, na ja, das war bisher, sagen wir; abenteuerlich. Und obwohl ich also mit diesem Defizit aufwuchs, hat mir Deutsch nie grosse Mühe bereitet. Das heisst, zum Teil.

Die Regeln könnte ich nämlich nicht aufzählen. Wenn ich heute zu den Grammatik Regeln befragt würde, würde ich spektakulär scheitern. Ein Viertklässler würde mich zu Null schlagen. Bei mir ist das mehr so, dass ich einfach intuitiv die Sätze zusammen stelle. Sicher hat es auch geholfen, dass ich früher viel gelesen habe. Mit etwas habe ich aber meine liebe Mühe. Den Kommas. Wohin die Dinger kommen ist mir nicht immer ganz klar. Das ist insbesondere deswegen fatal weil ich dazu neige, lange Sätze zu erstellen, gerne auch mal mit eingeschobenen Zwischensätzen.

Klar, irgendwas ist da schon hängen geblieben. Vor einem „und“ kommt nur ganz selten ein Komma. Aufzählungen werden mit einem Komma getrennt. Das war es dann aber auch schon. Wahrscheinlich lasse ich öfter mal eine Komma aus, wo eines hin sollte.

Nun ist es so, dass meine Mutter im Besten Alter noch damit begonnen hat Deutsch-Unterricht zu nehmen. Mit radikalen Ergebnissen. Die Sätze kommen plötzlich derart aufgeräumt daher, dass ich mich frage ob der Text redigiert wurde.

Es kann aber nicht angehen dass ich nun von meiner Mutter, die zeitlebens das schweizerdeutsche Wort für Schule nicht richtig ausspricht (dafür aber Chuchichäschtli tadellos), auf fehlende Kommas hingewiesen werde! Vor einem „dass“ stehe immer ein Komma steht da in einer an mich gerichteten Mail. Wo sind wir denn…? Nach über dreissig Jahren verliere ich von einem Tag auf den anderen die sprachliche Oberhand.

Ich fühle mich angezählt. Wie früher wenn wir beiden Buben mal nicht so artig waren, wie das erwartet wurde. Da wurde auch angezählt, in ansteigender Tonhöhe und Lautstärke: eins, ZWEI, DR…
Wobei das dr… das äusserste an Mut verlangt, und trotzdem nichts genutzt hat. Ich habe nie erfahren was bei drei passiert wäre. Es stand allerdings immer irgendwie ein unausgesprochenes „Chlapf aufs Füdli“ im Raum. Mein wohl geformtes Hinterteil steht somit in direktem Zusammenhang zu meiner Artigkeit.

Okei, wenn die dass-Regel stimmt, fehlen da wirklich an einigen Stellen diese blöden, kleinen Striche. Gefühlsmässig glaube ich sogar, dass es stimmt (<– ha!).

Meinem Füdli zuliebe versuche ich es in Zukunft zu beachten. Ansonsten halte ich es wie der Volksmund: wer Fehler findet, darf sie behalten.