Bei James Cameron ist es wie bei vielen anderen auch: Genie und Wahnsinn liegen nah beieinander. Die Frage ist was überwiegt. Um das herauszufinden habe ich mich also mit 3D Brille bewaffnet 165 Minuten lang hingesetzt. Im Westside werden dabei die LCD-Shutterbrillen verwendet, welche ein noch stärkeres Tiefengefühl ermöglichen.
Bei Avatar wird der 3D-Effekt nicht verwendet um möglichst viele Objekte ins Auge des Betrachters zu „stechen“ sondern fast nur um die Raumtiefe darzustellen. Und dafür ist das genau der richtige Film, speziell bei den Dschungelaufnahmen ist der Effekt schlicht spektakulär.
Wie auch schon bei Titanic mussten einige Aufnahmetechniken erst noch erfunden werden damit sie dem Meister genügen. Diesmal geht es vor allem um das Motion Capture Verfahren. Mit diesem können echte Schauspieler ihren digitalen Figuren Leben ermöglichen. Die Figuren – eben die Avatare – sind also nur von der Statur her im Computer entstanden, die Bewegungen, Mimik und Gestik stammt von den Schauspielern. Das ist nicht gänzlich neu und wurde z.B. auch schon beim „Polarexpress“ verwendet, das Ergebnis jedoch ist ungesehen.
Das erste Mal habe ich eine digitale Figur vollwertig als „echt“ anerkannt. Die Mimik ist zu 100% überzeugend und die Bewegungen wirken echt obwohl in Avatar einige unmögliche „Stunts“ ausgeführt werden.
Geschichtlich ist Avatar recht einfach gestrickt. Er hat auch einen leicht politischen Zeigefinger aber zum Glück nur im Rahmen der Geschichte. Tatsächlich würde wohl nur wegen der Geschichte selbst niemand ins Kino gehen, wäre da nicht das drumherum: Pandora.
Pandora ist in meinen Augen der wahre Star des Film. Cameron hat eine Welt erschaffen die schön und gleichzeitig gefährlich ist, farbenprächtig aber auch dunkel. Es gibt einige sehr schöne Ideen zur Pflanzen und Tierwelt, besonders wie die Na’vi damit interagieren.
Die Kameraführung ist völlig losgelöst und kann auch mal durch ein Objekt hindurchgehen. Interessanterweise empfindet man das nicht als unlogisch.
James Horner durfte auch bei diesem Meisterwerk wieder seine Musik hinterlegen. Er musste sich aber diesmal deutlich zurückhalten. Ein großes orchestrales Thema wie bei Titanic sucht man vergebens. Trotzdem werden die wichtigen Momente im Film genügend unterstützt. Es ist immer schwierig Musik für eine fremde Welt und Kultur zu schreiben. Eine ganz leichte Anlehnung an Titanic konnte er sich nicht verkneifen, das ist mir aber erst beim nachträglichen anhören und nicht im Film selbst aufgefallen. Alles in allem ist die Musik im Film fast immer stark im Hintergrund aber dennoch stimmig.
Avatar erfüllt seinen Zweck. Der Film stellt einen weiteren Meilenstein in der Entwicklung dar. Er wird wohl auch genug Zuschauer anlocken um seine immensen Produktionskosten einzuspielen. Dass er auch elf Oscars abräumt wage ich aber zu bezweifeln. Obwohl der Film in meinen Augen sehr gut ist, stellt er für heutige Verhältnisse keinen allzu großen Schritt dar. Gesehen haben muss man ihn trotzdem, ich empfehle dabei die 3D-Version.